Ein Wasserschaden an einem Gemälde oder einer Skulptur ist mehr als nur ein materieller Verlust – er bedroht Geschichte, Identität und oft auch den ideellen Wert eines Kunstwerks.
In einem solchen Moment zählt vor allem eines: richtig reagieren.
Versicherung, Restaurator:in und Gutachter:in haben dabei unterschiedliche, aber eng verzahnte Aufgaben. Wer sie kennt und richtig einbindet, kann Schäden begrenzen und den Wert des Kunstwerks langfristig sichern.
Denken Sie zuerst an Sicherheit:
Wenn Wasser in den Raum eingedrungen ist, Stromquellen abschalten und den Bereich sichern.
Dann gilt: Nicht hektisch handeln. Jedes unsachgemäße Anfassen oder Trocknen kann den Schaden verschlimmern.
Wasserzufuhr stoppen (Hauptventil oder Dachleck)
Strom abschalten
Kunstwerke unberührt lassen – keine Föhne, keine Heizungen
Raum gut lüften
Erste Fotos machen (Gesamtansicht und Details)
Jetzt ist der Moment, in dem drei Fachbereiche aktiv werden – Versicherung, Restaurierung, Gutachten.
Aus Versicherungssicht zählt Dokumentation:
Schaden sofort melden (telefonisch + schriftlich, mit Datum, Ort, Ursache, Fotos)
Keine Reinigungs- oder Trocknungsmaßnahmen ohne Freigabe beginnen
Wenn möglich, vorhandene Wertnachweise, Kaufbelege, Gutachten oder Provenienzunterlagen bereithalten
Nach Rücksprache mit der Versicherung eine fachkundige Restauratorin oder einen Gutachter hinzuziehen
Warum das wichtig ist:
Eine Versicherung kann nur regulieren, was eindeutig belegt ist.
Fehlen Nachweise oder wird voreilig gehandelt, kann das den Anspruch mindern.
Die Dokumentation des Zustands vor der Restaurierung ist für die Regulierung entscheidend.
Sobald die Schadensmeldung erfolgt ist, sollte eine Restauratorin oder ein Restaurator mit Spezialisierung auf Gemälde oder Skulpturen eingeschaltet werden – möglichst innerhalb der ersten 24 Stunden.
Die Aufgabe: Sichern, bevor verloren geht.
Sichtung der betroffenen Kunstwerke
Beurteilung von Material, Träger, Fassung und Malschicht
Kontrolle von Feuchtigkeit, Schimmelrisiko und Verformung
Erste Notfallmaßnahmen (Stabilisierung, Umlagerung, Trocknung unter kontrollierten Bedingungen)
Abstimmung mit der Versicherung über die nächsten Schritte
Wichtig:
Kein technischer Trockner, keine Heißluft, keine direkte Sonneneinstrahlung!
Restaurator:innen arbeiten mit kontrollierter Klimastabilisierung – das verhindert Spannungen und Farbablösungen.
Sobald der akute Schaden stabilisiert ist, erstellt eine Gutachterin oder ein Gutachter eine fachliche Bewertung.
Dieses Gutachten dient sowohl der Versicherung als auch dem Eigentümer als Grundlage für alle weiteren Schritte.
Es umfasst:
Zustandsbeschreibung mit Fotodokumentation
Schadenskartierung (Feuchtigkeit, Schimmel, Materialveränderungen)
Analyse der Schadensursache (z. B. Leck, Kondensfeuchte, unsachgemäße Lagerung)
Bewertung der Wertminderung und Restaurierungskosten
ggf. Einschätzung der Provenienz und Authentizität
Ziel: Ein gerichtsfestes, nachvollziehbares Gutachten, das den Zustand objektiv beschreibt und eine solide Basis für Versicherungsentscheidung und Restaurierung schafft.
Damit der Schaden professionell abgewickelt wird, sollte der Ablauf koordiniert erfolgen:
Sie (Eigentümer:in) melden den Schaden und informieren Versicherung + Restaurator:in.
Die Restauratorin beurteilt den akuten Zustand und dokumentiert erste Schäden.
Die Gutachterin erstellt anschließend den vollständigen Zustands- und Wertbericht.
Die Versicherung prüft die Unterlagen und entscheidet über Regulierung bzw. Kostenfreigabe.
Die Restauratorin führt nach Freigabe die Restaurierung durch und dokumentiert die Maßnahme.
So entsteht ein transparenter, nachvollziehbarer Prozess, der Schäden minimiert und den Wert erhält.
Kunstwerk selbst trocknen oder reinigen
Ohne Rücksprache mit Versicherung handeln
Feuchte Objekte in geschlossenen Räumen lagern
Wertnachweise oder Fotos nachträglich anfertigen (statt sofort)
Warten, bis Schimmel sichtbar wird
Frühes Handeln und korrekte Reihenfolge sind entscheidend für die Versicherungsanerkennung und den Substanzerhalt.
Nach der erfolgreichen Regulierung und Restaurierung sollte geprüft werden:
Ist das Raumklima dauerhaft stabil (Temperatur, Luftfeuchte)?
Sind Lagerbedingungen und Hängung sicher (Abstand zu Außenwänden, Schutz vor Kondenswasser)?
Sollte der Versicherungswert angepasst werden?
Ist ein regelmäßiger Zustandsbericht sinnvoll (z. B. alle 3–5 Jahre)?
So werden künftige Schäden verhindert – und der Versicherungs- und Sammlerwert bleibt gesichert.
Ein Wasserschaden ist immer ein Ausnahmezustand.
Doch wenn Versicherung, Restaurator:in und Gutachter:in gemeinsam handeln, lässt sich das Schlimmste verhindern.
Was Sie tun sollten:
Schaden dokumentieren und melden
Restaurator:in informieren
Gutachten einholen
Versicherung koordinieren
So handeln Sie schnell, fachgerecht und wertschützend – und sorgen dafür, dass Ihr Kunstwerk nicht nur materiell, sondern auch in seiner Geschichte erhalten bleibt.
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